Nr. 18 - Raunächte
Zwischen den Jahren möchte ich Euch, liebe Freunde der Semperecke wieder einmal mit auf eine Reise in die Vergangenheit nehmen. Sie führt uns in die Zeit der „Raunächte“, die in einigen Regionen zur Weihnachtszeit beginnen und am 6. Januar enden.
Nach altem Volksglauben stand in dieser Zeit das Geisterreich offen und die Seelen der Verstorbenen und Dämonen begaben sich auf eine wilde Jagd und bedrohten Mensch und Tier.
Um die Geister aus dem Hause zu vertreiben, räucherten die Menschen in ihrem Haus.
Dazu legten sie in eine Pfanne Glut aus dem Ofen und streuten geweihte Kräuter darauf. Mit dem qualmenden Behälter zogen sie dann durch sämtliche Räume und auch zu den Ställen ihrer Tiere.
Heute erinnert man sich gerne wieder an die alten Bräuche - auch wenn man nicht mehr an Geister glaubt.
Auch ich habe diesen alten Brauch wieder aufgegriffen und räuchere manchmal in den Wohnräumen. Gerade jetzt im Winter, wo ich nichts mehr draußen tun kann, suche ich nach Möglichkeiten, mit der Natur Kontakt aufzunehmen.
Ich räuchere mit meinen selbst gesammelten Heil- und Duftkräutern, mit gekauften Harzen und …
mit Sempervivum
Denn hieß es nicht schon vor langer, langer Zeit, der Rauch von Sempervivum schütze vor Donner und Blitz und zöge sogar das Glück an?
Zum Räuchern ernte ich die welken Blätter einer Sempervivumpflanze.
In einen kleinen Weihrauchkessel lege ich eine glimmende Räucherkohle.
Schon zieht ein archaisch rauchiger Duft durch den Raum. Nun kommen noch klärend und reinigend wirkende Kräuter dazu.
Zu gleichen Teilen zerkleinere ich im Mörser: Salbei oder Rosmarin, Beifuß, Wacholder, Thymian, Kamille
Wenn man den Schriften glauben darf, dann ist die Luft im Zimmer jetzt rein und klar – wie nach einem Gewitter. Nur ohne Blitz und Donner. So kann das Glück einziehen!
Wer kein Weihrauchkesselchen, kein Räucheröfchen und auch keine Räucherkohle besitzt, der behilft sich mit dem
„Räucherofen des Gärtners und seiner Frau“
Man nehme einen 12-er Tontopf und befülle ihn ca. 1-2 cm hoch mit Sand oder Split. Darauf stellt man ein brennendes Teelicht. In die Öffnung des Blumentopfes hängt man ein Kaffeesieb, in das man nun die Sempervivumblätter und Kräuter legen kann.
Allerdings: diese Variante verrät man besser nicht dem Profi-Räuchermann. Denn da muss immer Kohle(!) mit im Spiel sein.
Nun aber wieder zurück zu den Räuchernächten – Entschuldigung: Raunächten.
Es heißt, dass man in dieser Zeit keine weiße Wäsche draußen trocknen darf. Diese könnte nämlich von den wilden Reitern gestohlen werden und im Laufe des Jahres als Leichentuch benutzt werden.
„Ihr grausamen Reiter, schaut bitte genau hin!!!“
„Was da auf meinen Semperviven-Beetkästen liegt ist keine Wäsche , sondern nur kalter, weißer Schnee!!!“
Wäre da nicht mein Semper-Schrat, der vor meinem Senkgarten wachen würde – ich glaube ich könnte keine Raunacht mehr ruhig schlafen.
Ich wünsche eine ruhige Zeit zwischen den Jahren.
Herzliche Grüße von Anne Rahn - majoRahn